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Was machen Sie aus Ihrem Leben? (33. Sontag im Jahreskreis 2002)

Datum:
17. Nov. 2002
Von:
Heinz Büsching

Was machen Sie aus Ihrem Leben?

Was mache ich aus meinem Leben? Ich hab nur eins. In dieser Welt hab ich nur eins. Was mache ich daraus? Was machen Sie aus Ihrem Leben?

Wenn es Gott nicht gibt, wenn jenseits der Todesgrenze nichts mehr ist, dann kommt die Versuchung, aus dem Leben herauszuschlagen, was ich nur herausschlagen kann. Wenn es Gott nicht gibt, sagt Dostojewski, dann ist alles erlaubt.

Je mehr die Gottesbeziehung versandet, desto größer wird die Bereitschaft, für den eigenen Vorteil rücksichtslos zur Sache zu gehen. Wenn es um den persönlichen Vorteil geht, dann ist schnell Schluss mit Lustig. Beim Geld hört die Freundschaft auf. Ich muss ja herausschlagen, was ich nur herausschlagen kann. Jetzt oder nie. Nach mir die Sündflut.

Nicht alle Menschen, die Gott abgeschrieben haben, sind so. Das Gewissen bleibt. Aber wo das Gewissen nicht in Gott verankert ist, gehen die Werte schnell schwimmen. Wenn jenseits des Todes nichts mehr ist, dann muss ich doch jetzt mitkriegen, was mitzukriegen ist. Jetzt oder nie.

Auch in den Gleichnissen Jesu spüre ich das Drängende. Am letzten Sonntag hieß es: es gibt ein Zu-spät. Heute höre ich: tu was mit deinen Talenten. Irgendwann wird Rechenschaft von dir verlangt. Sorg dafür, dass du dann nicht weinen musst. Weinen über dich selbst und die verpasste Zeit.

Auch in den Gleichnissen Jesu gibt es das Drängende. Mach etwas aus deinem Leben. Mach es jetzt. Beruflicher Erfolg, Familie, Wohlstand, Ansehen, vielleicht ein Häuschen – ist es das, was Jesus meint? Ich glaube, dass er uns alles gönnt, was uns erfüllt und glücklich macht. Aber mir klingt noch die Bergpredigt in den Ohren: Selig die Armen, denn ihrer ist das Himmelreich. Die Armen, das sind die, die ohne äußeren Erfolg geblieben sind.

Äußerer Erfolg kann nicht das sein, was Jesus an den tüchtigen und treuen Dienern lobt. Äußerer Erfolg ist nicht, was Jesus bewegt zu sagen: Komm, nimm teil an der Freude deines Herrn.

Was ist es dann? Da gibt es für mich keinen Zweifel: Das Talent aller Talente ist: von Gott geliebt werden. Das ist das Kapital, das Jesus meint: Gottes Liebe zu uns. Gottes Liebe zu mir. Das ist es, was Jesus uns mit Herz und Feuer, durch Leben und Lehre, in Bildern und Reden durch die Ausstrahlung seiner Güte und schließlich in seiner Hingabe am Kreuz nahebringen und spürbar machen will: dass Gott uns liebt; dass er uns liebt mit unendlicher Liebe.

Mit diesem Kapital arbeiten, heißt: sich für Gottes Liebe weit machen. Sich von Gottes Liebe prägen lassen. Gottes Liebe weiterschenken.

Eins meiner Lieblingsbilder ist, dass alle Liebe dieser Welt aus dem Grundwasser der göttlichen Liebe stammt. Aber dann geht es wie auch sonst mit dem Wasser auf unserer Erde: es sucht sich viele Wege; manchmal bleibt es rein, und oft wird es schmutzig – aber es bleibt Wasser aus dem Grundwasser.

Bei vielen Menschen kommt nur noch verschmutztes Wasser an. Aber mögen Schlagerschnulzen und Sabbeltalkshows auch die seltsamsten Formen von Lie-Lie-Liebe preisen, irgendwie leben sie von der Grundwahrheit, dass es im Leben auf die Liebe ankommt und dass alles nichts ist ohne die Liebe.

Es ist die Botschaft des Christentums, dass wir in Jesus die saubere Quelle finden, das lebendige Wasser, Gottes Liebe in Person. Für mich kommt daher das Drängende in seine Botschaft. Schließ dich mir an. Tanke bei mir auf. Lerne von mir. Komm und folge mir nach.

Sich für Gottes Liebe weit machen: ich weiß keinen besseren Lehrmeister als ihn. Sich von Gottes Liebe prägen lassen: ich weiß keinen besseren Helfer als ihn. Gottes Liebe weiterschenken: ich weiß kein besseres Vorbild als ihn.

Der Philosoph Erich Fromm, der nicht an Gott glaubte, schrieb vor einigen Jahrzehnten das Buch: Haben oder Sein. Das Buch wurde ein Bestseller. Erich Fromm wirbt dafür, nicht auf das Haben zu setzen und aus dem Habenwollen zu leben. Er sagt: auf das Sein kommt es an. "Mach etwas aus deinem Leben" hieße dann: Mach etwas aus dir. In der Tat: vor Gottes Angesicht und in die Ewigkeit nehmen wir nur uns selbst mit. Nicht was wir haben, sondern was wir sind. Was wir geworden sind. Was wir aus uns gemacht haben.

Ich würde jetzt gerne als Impuls die Frage mitgeben: was tue ich, was tun Sie, um ein liebevoller, ein gütiger, ein barmherziger Mensch zu werden.

Aber wichtiger noch scheint mir, dass wir uns immer wieder unseres Kapitals vergewissern, des Talents aller Talente. Darum ist dies die wichtigere Frage: Wo in Ihrem Leben spüren Sie Gottes Liebe.