Ein "neues" Kreuz in Liebfrauen
Vermutlich gehörte es zum alten Hochaltar der Pfarrkirche, der im Rahmen einer Umgestaltung des Kircheninnenraums in den 1960er Jahren aus der Kirche entfernt wurde. Damals wurde der Volksaltar in der Kirche neu gebaut, um das Zelebrieren zum Volk hin zu ermöglichen. Um 1980 wurde dann ein neues Kreuz in den Altarraum gehängt, über den neuen Volksaltar
Bei diesem Kreuz handelt es sich um eine Kopie des sogenannten “Helmstädter Kreuzes”, das sich im Original in Essen-Werden befindet. Von dem etwa 1000 Jahre alten Korpus wurden mehrere Kopien gefertigt, eine davon befindet sich im Besitz unserer Pfarrgemeinde. Als nun vor einigen Monaten das alte Altarkreuz, das vermutlich aus der Zeit der Erbauung unserer Kirche stammt, wiedergefunden wurde, beschloss der Kirchenvorstand, es zu renovieren.
Es war recht gut erhalten, so dass die Renovierung nur etwa 1.000 Euro kostete. 700 Euro davon wurden vom Erzbistum Köln übernommen. Dem Kirchenvorstand war klar, dass es unsinnig ist, das Kreuz zu restaurieren und dann wieder auf den Speicher zu räumen. Es gehörte über viele Jahre zum Kircheninventar und sollte auch wieder den Weg zurück in den Kirchenraum finden. Weil die Kopie des frühromanischen Helmstädter Kreuzes über dem Altar außerordentlich gut in die neuromanische Architektur der Kirche harmoniert – so, als sei dieses Kreuz immer schon da –, war klar, dass es an gewohnter Stelle bleiben muss. Nach einiger Überlegung wurde dann beschlossen, das restaurierte Altarkreuz im östlichen Querhaus aufzuhängen. Dies ist nun geschehen.
Ohne die mit der Zeit moderner gewordene Inneneinrichtung der Liebfrauenkirche zu stören, sind so in den letzten Jahren zahlreiche Kirchenschätze aus der Gründungszeit der Kirche wieder in den Kirchenraum zurückgekehrt.
In der Tabernakelkapelle hängt ein Relief des letzten Abendmahles, ebenfalls Teil des alten Hochaltares. Hier ist bemerkenswert, dass dieses Relief einmal durchgesägt wurde und in unterschiedliche Privatbesitze geriet. Ein Drittel des Reliefs ist restauratorisch überarbeitet, die anderen zwei Drittel nicht. Vor wenigen Jahren wurden die beiden Reliefteile genau so wieder zusammengesetzt und erzählen auf diese Weise ihre Geschichte.
Der ehemalige Altartisch (oder ein Altartisch von einem Seitenaltar) steht inzwischen im Eingangsbereich der Kirche an dem Bildnis der “Immerwährenden Hilfe”.
Insgesamt fünf bunte Fenster sind ebenfalls erhalten. Die Umgestaltung in den 1960er Jahren machte auch vor den Fenstern nicht Halt, so dass die bunten Kirchenfenster damals entfernt und durch die aktuellen grau-weißen Fenster ersetzt wurden. Lange Zeit war das einzige bunte Fenster das Bildnis des Stiers als Attribut des Evangelisten Lukas in der Rosette der Kirche. Zum Zeitpunkt der Umgestaltung stand das Orgelprospekt noch vor dem Fenster, so dass der bunte Farbklecks nicht störte. Jetzt können fünf weitere alte bunte Fenster bestaunt werden, drei davon sind reine Ornamentenfenster und zwei sind mit klaren Linien und Symbolen ausgestattet. Möglicherweise ersetzten die moderneren bunten Fenster jene, die im Krieg zerstört worden waren.
Mit dem großen Kreuz des alten Hochaltares, das im selben Stil wie die Reliefs gehalten und vermutlich vom selben Künstler geschaffen wurde, kehrt das vorerst letzte Kunstwerk aus der Gründungszeit der Kirche zurück. Es gibt zwar noch zwei größere Heiligenfiguren (Petrus und Paulus) im Keller des Pfarrhauses, diese sind aber durch Schädlingsbefall im Holz erheblich beschädigt. Eine Restaurierung ist deshalb nicht angedacht. Weil die beschädigten Figuren nicht sehr ansehnlich sind, werden sie auch keinen Platz in der Kirche finden.
Übrigens: Unsere Pfarrgemeinde ist noch immer an Kunstwerken aus der Vergangenheit der Liebfrauenkirche interessiert. Wenn auf privaten Speichern oder in privaten Kellern noch Kirchenschätze auftauchen, bitten wir um Rückgabe. Ein Rückkauf kommt allerdings schon deshalb nicht in Betracht, weil diese Dinge zum ursprünglichen Kircheninventar gehörten. Sie an Privatleute zu verschenken oder zu verkaufen, war niemals rechtens. Wir sind sehr dankbar für alle Schätze unserer Pfarrkirche, die “nach Hause” finden.
Wo wir gerade dabei sind: Die Muttergottes mit Kind am Pfeiler nahe des Taufbeckens ist ein Geschenk von einer profanierten (oder abgerissenen) Kirche in Bremen-Nord.
Diese Muttergottes kam zu uns, weil die zuständige Pfarrgemeinde keine Verwendung mehr für sie hatte. Mehr darüber weiß Elisabeth Adenauer. Vielleicht kannst du sie dazu ja mal interviewen. Interessant wären auch Bilder von der ehemaligen Kirche, auf denen man den ursprünglichen Standort der Figur erkennen kann. Dazu habe ich im Internet nichts gefunden.
Die Kirche stand laut Elisabeth Adenauer in Vegesack, dort habe ich aber im Internet keine Angaben zu profanierten Kirchen gefunden. Wohl aber sind zwei Kirchen in der Nachbarschaft von Vegesack geschlossen worden, und zwar eine Heilig-Kreuz-Kirche in Blumenthal (2014) und eine Peter-und-Paul-Kirche in Burglesum (2012).