Muchos desarrollos
Große Fortschritte haben wir mit den Instrumenten machen können, denn der Instrumentenbauer des Recycling Orchesters aus Paraguay Wiwi ist zu Besuch, um uns bei der Arbeit zu unterstützen, und wir können wirklich viel von ihm lernen. Er hat mit seinen jungen Jahren schon viele Erfahrungen im Recycling von Instrumenten gemacht. Die groben Vorgehensweisen haben wir zwar bislang gut gemeistert, aber bei einigen Kleinigkeiten fehlte uns dann die richtige Technik im Umgang mit den Werkzeugen oder das Wissen über das Holz und die anderen Materialien, die wir verwenden möchten. Zurzeit arbeiten wir mit fünf Leuten in der Werkstatt am Bau der Instrumente.. Neben Marcel, dem Besitzer der Werkstatt, Shuba und mir arbeiten momentan noch der Sohn von Marcel und sein Neffe, die zurzeit Schulferien haben, an dem Projekt mit.
Der Plan ist, dass wir Ende dieses Monats fünf neue recycelte Violinen gebaut haben, sodass jeder eine Geige produziert hat.
Vorher haben Shuba, Marcel und ich uns die einzelnen Schritte beim Bau der Geigen aufgeteilt, je nachdem, wer welchen Arbeitsschritt besser konnte. Meine Aufgabengebiete waren oft die Vorarbeiten, also das Ausrechnen der Maße, das Erklären, wie die Instrumente musikalisch funktionieren oder grobe Arbeitsschritte wie Sägen und Schmirgeln. Ich habe mich auch viel um die Produktion der Stege der Instrumente gekümmert (ein Holzsteg, der die Schwingung der Saiten auf die Korpusdecke überträgt und dadurch erst eine hörbare Schwingung erzeugt). Shuba und Marcel haben beide wirklich ein großes Talent mit dem Umgang der Werkzeuge und haben dafür gesorgt, dass die einzelnen Teile am Ende auch exakt ineinander passen und die vorhergesehenen Formen haben. Oft eine schwierige Arbeit, denn bereits ein kleiner Fehler kann gravierende Auswirkungen haben, z.B. dass sich das Holz spaltet, die Abstände nicht mehr die Richtigen sind oder die Spielweise der Instrumente hinterher schwierig wird. Zum Glück haben beide eine ruhige Hand und schon mehr Erfahrungen mit dem Umgang der Werkzeuge, als ich sie habe.
In diesem Monat arbeitet aber jeder an seiner eigenen Geige, natürlich helfen wir uns alle gegenseitig. Die Idee jedoch ist, dass jeder von uns am Ende die ganzen Arbeitsschritte kennt und ausgeführt hat, um eine Geige produzieren zu können. Das macht mir richtig Spaß, in „meine“ Geige viel Mühe und Arbeit reinzustecken. Die Arbeitsatmosphäre ist auch eine sehr schöne, sodass ich oft mit dem Gedanken „was für ein schöner Arbeitstag“ meinen nach Hause Weg antrete.
Oft hänge ich mit den Arbeitsschritten etwas hinterher, das kann durchaus daran liegen, dass mir die Erfahrungen mit den Werkzeugen noch fehlen, aber vor allem auch, weil ich nun drei Tage weniger an dem Projekt arbeite. Mittlerweile habe ich einen geregelteren Arbeitsrhythmus. Mittwochs und freitags arbeite ich an der Konstruktion. Dienstags und donnerstags fahre ich auch zur Werkstatt, allerdings hauptsächlich um Cellounterricht zu geben. Vor knapp einem Monat haben wir damit angefangen und meine beiden motivierten Celloschüler lernen wirklich schnell und haben Spaß dabei. Nicht nur sie, ich auch. Dabei ertappe ich mich oft selbst, wie ich mich mit Freude an meine Kindheit zurückerinnere und wie ich Cello gelernt habe. Ich kann mich an lustige Merksprüche oder andere kleine Witze erinnern, die meine Cellolehrerin damals zu mir sagte, die den Cellounterricht auflockern und eine nette Atmosphäre erzeugen.
Auch ich lerne neu dazu, vor allem Vokabeln der Musik. In der folgenden Woche sollen noch weitere Celloschüler dazukommen. Da wir nur ein großes Cello haben, ist es für jüngere und kleinere Schüler recht schwierig, da die Distanzen noch zu groß sind. Darum überlegen wir, das nächste recycelte Cello in einer kleineren Fassung zu bauen.
Hierfür hatten wir eine kleine Präsentation mit vielen jungen Kindern des Barrios, die oft das erste Mal in ihrem Leben ein klassisches Instrument in der Hand hatten, bei einigen sogar das erste Mal eines gesehen haben. Dabei habe ich nach einem Freiwilligen gefragt, der Cellospielen ausprobieren möchte. Ein kleiner Junge (ich schätze ihn auf 4/ 5 Jahre) hat sich ganz mutig gemeldet. Es war so süß, da seine Körpergröße knapp die Hälfte des Cellos war.
Gerade die Tochter von Marcel hat wirklich ein Talent, schnell Cello spielen zu lernen, sodass sie uns bei einigen Konzerten der letzten zwei Wochenenden schon begleiten konnte. Generell waren meine Wochenenden im letzten Monat sehr verplant. Insgesamt haben wir fünf Konzerte gespielt auf verschiedenen traditionellen Festen in der Provinz Córdoba, oft verbunden mit langen Busfahrten und langen Nächten. Von Konzert zu Konzert sammeln wir jedoch neue Erfahrungen und verbessern unsere Präsentationstechnik.
Natürlich haben wir noch nicht die Qualität, mit den jungen lernenden Schülern große Stücke zu spielen, aber die Zuschauer sind von dem Projekt begeistert und für die Schüler sind es oft die ersten Male auf einer Bühne. Die Aufregung und Freude ist dadurch immer groß und es macht mich sehr glücklich zu sehen, wie sich das Projekt entwickelt und wie es verschiedene Leute miteinander verbindet und für Glücksgefühle sorgt.
Das letzte Wochenende war besonders ereignisreich. Am Freitag gab es ein Event in der Nähe von Dean Funes (dort war ich schon Mal zum Besuch bei der Familie von Shuba). Zusammen mit dem Bläser-Chor der Stadt haben wir in einem christlichen Heim, in dem Drogensüchtige ihre Sucht beenden möchten, musiziert. Auch einige Bewohner haben spontan mit Gitarre und Stimme mitgewirkt. Alle waren sehr aufmerksam und die Atmosphäre war wirklich schön.
Am Samstag haben wir uns nach einer Musikprobe wieder in Córdoba mit den Schülern auf den Weg gemacht zu dem Dorf „el Manzano“. Aktuell finden viele traditionelle Folklore-Festivals statt. So auch in diesem Dorf. Auf einem großen Platz mit großer technisch ausgestatteter Bühne durften wir in dieser Nacht unser Projekt präsentieren. Da wir einen längeren Soundcheck hatten, war der schwer abzumischende Klang recht gut. Aber auch aus der Perspektive des Zuschauers hatten wir einen tollen Abend mit den vielen bunten Tanzgruppen und traditionellen Klängen. Ein Freund des Präsidenten von Juvips Gabriel hat uns alle eingeladen, bei ihm im Haus zu übernachten, und so sind wir noch einen weiteren Tag geblieben und hatten viel Spaß im Pool bei dem warmen Wetter.
Montags habe ich meinen Homeoffice Tag und übernehme administrative Aufgaben der Fundation. Das ist nach so ereignisreichen Wochenenden dann auch mal ganz angenehm.
In dieser Woche hatte ich mit Gabriel zusammen eine weitere Präsentation im Radio. Wer nicht Spanisch versteht und trotzdem gerne rein hören möchte: Ich nehme im Interview so ca. ab Minute 7 teil:
https://genfm.com.ar/2019/02/20/juvips-una-fundacion-que-busca-la-inclusion-mediante-la-musica/
Eine weitere wirklich große Veränderung war vor allem mein Gastfamilienwechsel.
Ich wohne nun am anderen Ende der Stadt bei den Eltern von Gabriel, sozusagen meine Gastgroßeltern. Ich bin also ein doch irgendwie in der Familie geblieben. Ich habe mich direkt sehr wohl gefühlt, das liegt mit Sicherheit auch daran, dass ich Mirta und Hector schon vorher kannte. Beide sind wirklich super lieb und bemüht um ein gemeinsames nettes Verhältnis. Ich habe mein eigenes kleines Zimmer, Platz für meine Klamotten und dadurch auch mal die Möglichkeit, mich zurückziehen zu können. Wie sehr ich das jetzt doch wertschätzen kann, nachdem ich das ein halbes Jahr nicht hatte.
Mit Mirta koche ich ab und zu und sie hat wirklich ein großes Talent für Nachtische. Ich habe vor, mir ein kleines Rezeptbuch anzulegen. Hector ist ein wirklich Fußball begeisterter Mann und es gibt immer viel zu diskutieren über das vergangene Fußballspiel.
Apropos, mit Belgrano, „meinem“ Fußballverein läuft es grad eher nicht so, es fehlen nur noch eine Handvoll Spiele bis zum Saisonende und es benötigt viel Glück, um nicht doch abzusteigen. Letzte Woche waren wir im Stadion gegen Boca Juniors, dem erfolgreichsten argentinischen Verein (vergleichbar mit Bayern München). Nach einem spannenden und extrem emotionalen Spiel konnte Belgrano durch ein 1:1 einen Punkt behalten.
Meine Arbeitswege sind zwar deutlich weiter geworden, sodass ich, um bei Marcel zu Hause zu arbeiten, dreieinhalb Stunden mit Hin und Rückweg brauche. Das ist zwar anstrengend, aber das ist es mir bis jetzt definitiv Wert. Ich freue mich schon darauf, nach einem Arbeitstag nach Hause zu kommen, um mit Mirta und Hector zu quatschen, zu essen und noch ein wenig zu Lesen. Morgens früh kommen die Enkelkinder der beiden, also die Neffen von Gabriel zu Besuch. Mittlerweile erkennt mich die ein Jahr alte Valentina auch schon wieder und freut sich immer, dass ich so groß bin, um sie zu einer an der Wand hängenden Maske, die ihr Interesse sehr weckt, hochzuheben.
Vorletzte Woche war ich mit einigen Deutschen und Argentiniern auf dem größten Argentinischen Rockfestival, das von 110 000 Menschen besucht wurde. Das war gigantisch und beeindruckend.
Insgesamt geht es mir also wirklich gut. Obwohl mir noch viel Zeit in Córdoba bleibt, habe ich trotzdem ein anderes Gefühl. Ich zähle nicht mehr vorwärts (z.B. bin seit fast 7 Monaten hier) sondern zähle schon wieder rückwärts (ich bleibe nur noch 5 Monate). Sosehr ich Familie, Freunde und Heimat vermisse und mich darauf freue wieder zurückzukommen, so weiß ich auch jetzt schon, dass es mir trotzdem schwer fallen wird zu gehen und die neuen Freunde und Córdoba zu verlassen.
Ich wünsche euch eine jecke Karnevalszeit und bis bald!
Euer Jonas!