El concierto y los primeros viajes!
Im letzten Blog hatte ich euch darüber berichtet, dass wir Besuch eines Orchesters aus Paraguay erwarteten, die auf recycelten Instrumenten spielen. Nun liegt dieser eindrucksvolle Besuch schon hinter uns. Darüber hinaus war ich mit deutschen und argentinischen Jugendlichen zelten und habe zusammen mit Shuba, meinem Gastbruder, dessen Familie besucht. Aber jetzt der Reihe nach:
Nach dem letzten Bericht hatte ich noch knapp 10 Tage Zeit, bevor das Orchester aus Paraguay uns besuchen wollte. Damit war auch klar, dass es die folgenden Tage viel zu arbeiten gibt, nicht nur für mein Team, das die Instrumente herstellt, sondern für alle in der Fundacion. Denn dieses Event sollte ein ganz besonderes werden!
Shuba, Marcel und ich arbeiteten viel und schafften es tatsächlich, unsere erste funktionierende Geige aus Müll rechtzeitig fertigzustellen. Eigentlich dachten wir beim Zusammenbauen, dass es gar nicht so viel Zeit in Anspruch nehmen würde, jedoch wurde uns immer wieder bewusst, dass es noch viele kleine Details gibt, die verbessert werden müssen, damit die Geige auch wirklich bespielbar ist und nicht einfach nur als moderne Kunst wahrgenommen werden kann.
Vor allem der Abstand der Saiten zum Griffbrett und die schwere Belastung auf die Korpusdecke durch die gespannten Saiten wurde eine ordentliche Herausforderung. Zu letzterem hatte ich die Idee, statt einem Stimmstock zwei einzubauen und dadurch die Belastbarkeit zu verstärken.
Zusätzlich zu der Arbeit in der Werkstatt war es auch noch sehr bedeutsam, das Event zu vermarkten. Was mich sehr überrascht hat, war, dass wir erst eine Woche vor dem Konzert ein Treffen in der Fundacion hatten, um alles gemeinsam zu planen. So hat der Ticketverkauf für die Veranstaltung auch erst 6 Tage vorher begonnen. Das hat mich sehr verunsichert, denn bisher war ich es eher gewöhnt, dass bei großen Veranstaltungen in Stadien der Ticketverkauf mindestens ein halbes Jahr vorher beginnt, so dass eine Woche vorher eigentlich keine Karten mehr verfügbar sein sollten. Allein schon um Getränke, Essen und andere Dinge besser kalkulieren zu können. So ging ich in der folgenden Woche einige Male durch die Straßen, um Flyer zu verteilen und Plakate aufzuhängen.
Jeder Zuschauer sollte mit seinem Eintritt auch ein traditionelles Essen erhalten, dass wir mit der Fundacion vor Ort zubereiten wollten. Es sollte Empanadas und Locro geben und so schnibbelten wir an einem Abend so viel Gemüse, wie ich es zuvor an einem Ort noch nicht gesehen habe. Gerade das Zwiebelschneiden, das einfach nicht aufhören wollte, wurde zu einer richtigen Folter. Wenigstens konnten sich meine Mithelfer mit Späßen, wie traurig Argentinien wohl für mich sei, dass ich so viel weinen muss, amüsieren.
Am nächsten Tag war es dann soweit und das Orchester kam nach einer eintägigen Autofahrt von Paraguay in Cordoba an und wurde von uns mit Pizza und Getränken begrüßt. Da es jedoch bereits sehr spät in der Nacht war und am nächsten Morgen Einiges auf dem Programm stand, beeilten wir uns mit dem Essen und brachten unsere Gäste zu ihrem Hotel mitten im Zentrum.
Nach einer kurzen Nacht fuhren wir am folgenden Morgen zu einem Kongress der Ministerien von Cordoba. Dort sollte das Orchester spielen. Wir durften im Backstagebereich mit dabei sein und konnten mitansehen, wie sich die jungen Musiker vorbereiteten.
Die Instrumente waren beeindruckend. Vor allem, wie ähnlich diese den „richtigen“ Instrumenten ähnelten. Was mich aber am meisten überrascht hat, waren die Querflöten, die bei meinem ersten Blick gekauft wirkten, bis mir die Details auffielen. So waren die Klappen der Flöten z.B. aus Münzen.
Wie flexibel und spontan an den Instrumenten teilweise gearbeitet wird, erkannte ich, als ein Violist aus seiner Anzugshose ein Arbeitsmesser zog und an der ein oder anderen Stelle etwas nachjustierte und sich auch Zeit nahm, um unsere Geige zu verbessern.
Das Orchester spielte einige bekannte Stücke und begeisterte die Zuschauer. Ich selbst musste währenddessen viel an meine Schulorchesterzeit denken, auch weil ich exakt ein Jahr zuvor auf der Orchesterreise nach Polen war. Es überschnitten sich sogar einige Lieder wie z.B. „Viva la Vida“.
Doch dann wurde es auf einmal sehr aufregend. Der Orchesterleiter erzählte von dem Projekt, der Idee und den neuen Möglichkeiten durch die recycelten Instrumente und berichtete dann, dass es in Cordoba ein ähnliches Projekt gibt, das gerade entsteht.
So wurde unser Arbeitsteam auf die Bühne geholt und wir zeigten unsere erste Geige. Da wir keinen Bogen besaßen, hatten wir zuvor noch nicht so wirklich die Möglichkeit, das Instrument auszuprobieren. Doch der Dirigent fing an, die Geige zu stimmen und überreichte sie einem der – mit 8 Jahren – Jüngsten des Orchesters. Dieser begann „My Way“ von Frank Sinatra zu spielen.
Die Erleichterung, dass unsere Geige nicht nur funktionierte, sondern auch einen schönen vollen Klang hat, zeigte sich durch einen begeisterten Applaus nach den ersten Tönen. Ich war in diesem Moment unglaublich glücklich.
Am Nachmittag begleiteten wir das Orchester noch zu einem Zeitungsinterview und berichteten auch von unseren Ideen. (Link)
Am nächsten Tag war es dann soweit: Der große Tag war gekommen. Im Stadion begannen wir alles vorzubereiten: Tische, das Buffet, den Getränkestand und vieles mehr aufzubauen. Dieser Tag war auch der Frühlingsanfang, auch wenn sich die 36 Grad nach etwas ganz anderem anfühlten.
Das Konzert war sehr schön, es spielten verschiedene musikalische Gruppen, bei denen das Orchester aus Paraguay den krönenden Abschluss spät in der Nacht darstellte.
Dabei wiederholten wir die Vorstellung unserer Geige auf gleiche Art und Weise, wie am Tag zuvor. Leider lassen sich bei meinem Tarif keine Videos in den Blog hochladen. Auf meinem Instagramaccount (jonas_in_argentinien) oder auf meiner Facebookseite (Jonas De) gibt es jedoch Videos, wie unsere Geige bei dem Konzert ausprobiert wurde.
Ich hätte nicht gedacht, dass die Planung innerhalb dieser sieben Tage so gut funktioniert hätte, auch wenn ich auf mehr als „nur“ 500 Besucher gehofft hatte. Insgesamt war das aber ein sehr gelungener Abend, zu dem alle in der Fundacion beigetragen haben. Nach dem Aufräumen ging es dann um halb sechs ins Bett, doch mein Wecker klingelte bereits um halb 8 wieder.
Trotz enormer Müdigkeit freute ich mich sogar darauf, denn wir wollten mit den deutschen Freiwilligen und Studenten aus Cordoba gemeinsam in den Sierras von Cordoba zelten gehen und das gute Wetter ausnutzen. Nach einer 2 stündigen Busfahrt, die ich zum Schlafen nutzte, und einer 45 minütigen Wanderung kamen wir am Playa de los Hippies an: Ein sehr idyllischer Ort mitten in der Natur an einem Fluss. Wir kannten gerade einmal 3 der Studenten und auch das nur flüchtig. Dass wir trotzdem mit der ganzen Gruppe eingeladen wurden, mit diesen zelten zu gehen, wussten wir sehr zu schätzen. Wir hatten zwei wirklich schöne Tage, mit Lagerfeuer, gemeinsamem Singen und Abkühlung im kalten Fluss. Ein wirklich sehr gelungenes Wochenende mit lieben Menschen. Wie sehr wir doch in der Natur waren, merkten wir spätestens, als am Morgen eine große Kuh vor unserem Zelt stand und sich an unserem Proviant bediente.
Nach diesem Wochenende war die Arbeit sehr ruhig und entspannt, da es keinen Zeitdruck mehr gab. Da sowohl Shuba als auch mein Gastvater beide verreist waren, war ich mit Axel eine Woche zu zweit und habe mich mit ihm alleine gut verstanden. In der kleinen Wohnung lebt man selbstverständlich schon sehr aufeinander und ich habe Angst, dass das für ein Jahr irgendwann problematisch wird.
Am Wochenende begleiteten mein Gastbruder und ich die Fußballmannschaft der Organisation in eine zwei Stunden entfernte Stadt, wo ein Tunier stattfand. Auch wenn ich nur 20 Minuten Schlaf hatte, weil wir in der Nacht auf einem traditionellen Baile Cuarteto tanzen waren, hatte ich wirklich Spaß an diesem Tag. Ich musste mich oft selbst an die Fußballtuniere in meiner Kindheit zurück erinnern und fieberte für die kleinen Jungs sehr mit. Die jüngste Mannschaft unserer Fundacion konnte ihr Turnier sogar für sich entscheiden.
In der folgenden Woche besorgte ich mit Shuba einige Materialien für ein weiteres neues Projekt in seiner Heimatstadt Dean Funes. Das Ziel ist es, Thermosolaranlagen aus recycelten Abfallprodukten, wie Plastikflaschen zu bauen. In diesem Projekt soll ich folglich auch mit helfen und so nahm mich Shuba das Wochenende mit in seine Stadt, um seine Familie kennen zu lernen. Ich habe zu Shuba wirklich ein sehr tiefgründiges Verhältnis und glaube, dass ich dieses Jahr einiges von ihm lernen kann. Zuhause angekommen war ich beeindruckt. Das schöne und gemütliche Haus mit vier Schlafzimmern, großem Wohnzimmer, Bad und Küche hatte Shuba im Alter von 15 Jahren selbst für seine Familie gebaut mit Strom und Wasserversorgung. Für mich unvorstellbar! In dem Haus wohnen 12 Personen, alle sehr lieb und kontaktfreudig und mal etwas ganz anderes als meine „4 Männer-WG“ in Córdoba.
Das Wochenende war sehr ruhig, ich hatte zwar an diesem Freitag ein kleines Tief aber das ging auch mit der ersten Nacht wieder vorbei. Ich nutzte das Wochenende viel, um mich mal auszuruhen, da ich in Córdoba eher weniger zu Ruhe komme. Auch die Möglichkeit, mal wieder Bundesliga zu gucken, hat mir gefallen. Am Samstag besuchten wir eine Fundacion in Dean Funes, in der sich Shuba auch engagiert. Vor Ort spielten wir mit vielen Kindern, bereiteten einen Nachmittagssnack vor und pflanzten mit den Kindern ein Blumenbeet an.
Nach 4 Stunden Fußball spielen am Abend fiel ich übermüdet ins Bett. Am nächsten Tag schauten wir uns mit meinen Gastbrüdern (Axel besuchte seine Familie, die auch in Dean Funes wohnt) im Fernsehen noch das Fußballderby zwischen den beiden Stadtrivalen Belgrano gegen Talleres an, über das Ergebnis schreib ich als Belgranofan mal lieber nichts…
Diese Woche hatten wir zwei Fortbildungen in der Universität über Holz, seine Möglichkeiten und wie man Holz behandeln muss, um damit bauen zu können. Da es jedoch viel Fachvokabular war, verstand ich kaum was und langweilte mich eher.
Mit meinem Gastvater fuhr ich auch zu einer weiterführenden Schule, dort leitete er ein Gespräch mit Schülern ungefähr in meinem Alter über Träume und Möglichkeiten. Dort stellte ich auch mein Programm vor, mit dem ich die Möglichkeit hatte, hier hin zu kommen. Mir ist noch einmal mehr bewusst geworden, was für eine besondere Möglichkeit diese ist, die nicht selbstverständlich ist. Mit dem Fazit, dass jeder in seinen Entscheidungen frei ist und auch mit wenigen Mitteln viele Möglichkeiten hat, wenn er motiviert eine Sache angeht und ein Traum nicht immer ein Traum bleiben muss, beendeten wir dieses Seminar.
Ich hoffe, euch geht es gut und ihr habt einen kleinen Eindruck über meinen letzten Monat bekommen. Nächste Woche werde ich nach Dean Funes wieder fahren, um in dem Projekt zu arbeiten und dieses in Fernsehen und Radio vorzustellen, bevor ich dann am Freitag mit einigen Freunden eine kleine Reise in den Norden Argentiniens machen werde. Wir werden Iguazú besichtigen, riesige Wasserfälle, vergleichbar mit den Niagarafällen an der Grenze zu Brasilien und Paraguay. Darauf freue ich mich schon unfassbar. Vielen Dank auch für die lieben Grüße, die mich über den Blog erreicht haben. Es hat mich sehr gefreut.
Bis zum nächsten Bericht!
Jonas