Seelsorgebereich Hennef-Ost:Damit ihr Hoffnung habt - Gang des Gedenkens 2024
Was ist in diesem Jahr alles geschehen: aus der Aktion des Staates Israel, die jüdischen Geiseln aus der Gewalt der Hamas zu befreien, ist ein Mehrfrontenkrieg geworden. Juden müssen wieder aus Angst ihre Identität verbergen - in den Universitäten auf der ganzen Welt und auf den Straßen Amsterdams. Wo soll in diesen Zeiten Hoffnung keimen?
Wir, der Ökumenekreis der Stadt Hennef, hatten daher beschlossen, ein düsteres Kapitel der Ausgrenzung und Verfolgung der jüdischen Bevölkerung in den Fokus zu nehmen: die sogenannten Judenhäuser. Ab 1939 wurden die jüdischen Mitbürger aus ihren angestammten Wohnungen und Häusern vertrieben und in einzelne Häuser (Judenhäuser) zusammengepfercht. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass man die Juden auf diese Weise für die bevorstehenden Deportationen sammeln wollte.
In Hennef gab es vier Judenhäuser. Drei davon gehörten jüdischen Privatleuten, das vierte - in der Nähe der Synagoge - der jüdischen Gemeinde. Glücklicherweise sind zwei prall gefüllte Aktenordner erhalten, die das Vorgehen der Behörden und die Reaktion der Bürger minutiös darstellen. Nach der Durchsicht der Ordner hatte ich mich bei der Veranstaltung auf das Haus „Talweg 6“ beschränkt. Es gehörte dem Viehhändler Isidor Rosenbaum. Mehrere Mitglieder der Familie Rosenberg wurden hier zwangsweise einquartiert. Die Juden wurden enteignet und ihr Haus- und Landbesitz wurden durch „arische“ Treuhänder verwaltet. Das bewegliche Gut wurde meistbietend versteigert. Nach kurzem Aufenthalt im KZ Dachau kamen die meisten männlichen Juden zurück nach Hennef, um Zwangsarbeit zu leisten. Man merkte wohl, dass Arbeitskräfte fehlten, nachdem die „arischen“ Männer eingezogen worden waren oder Arbeitsdienst leisteten. Nach 1942 wurden die Hennefer Juden in Trostinez bei Minsk oder Theresienstadt ermordet. Nach dem Krieg versuchten einzelne jüdische Bürger ihr Hab und Gut wieder einzuklagen. Es ist ein Trauerspiel, wie sich die bundesrepublikanischen Behörden aus der Verantwortung stahlen.
Die Texte waren unterbrochen durch die sehr empathische musikalische Gestal-tung von Petra Klippel und Michael Walter, denen wir immer sehr dankbar sind, dass sie musikalische Gedankenstriche hinter die Texte setzten. Mit Kerzen, die die Namen der Hennefer Juden tragen, gingen wir schweigend zur Gedenkstätte der Synagoge. Dort wurden die Namen aller ermordeten jüdischen Mitbürger verlesen. Herr Kovar und Niko Herzner beschlossen die Feierstunde mit dem Aaronssegen, der zur liturgischen Praxis bei Christen und Juden zählt.
Noch einmal: worauf können wir hoffen? Dass durch diese und ähnliche Veranstaltungen die Erinnerung an das „Unvorstellbare“ (Adorno) wachgehalten wird. Dass wir allen Anfängen wehren, seien sie gegen Juden oder andere Nationalitäten oder Religionen gerichtet. Dass wir hier an Ort und Stelle das Licht der Erinnerung und Mahnung weitertragen - besonders durch Ihre Teilnahme am Gang des Geden-kens.